Gewächshaus Anbau 2

Schweizer Pflanzen heilen Japaner

Die Max Zeller Söhne AG erobert als führendes Unternehmen für pflanzliche Arzneimittel nach der Schweiz 50 weitere Länder – darunter Japan, Mexiko, Südafrika und Australien. Und im vergangenen Jahr wurde die Thurgauer Firma mit dem von der AMAG Group AG gestifteten «Family Business Award» ausgezeichnet.

Die Erfolgsgeschichte begann mit einem «Wunderbalsam» gegen Magenschmerzen, der in einer kleinen Thurgauer Dorfapotheke verkauft wurde. Das war vor mehr als 160 Jahren. Heute beschäftigt die Max Zeller Söhne AG rund 170 Mitarbeitende am Ufer des Bodensees. «Unser Fokus liegt bei der Herstellung hochwertiger pflanzlicher Medikamente mit erwiesener Wirksamkeit», sagt Geschäftsleitungsmitglied Christina Rohner, die als Chief People & Culture für das Familienunternehmen arbeitet.

Die Produkte der Max Zeller Söhne AG werden von Ärzten verschrieben und Apotheken verkauft. In über 50 Ländern sind die Medikamente des Schweizer Marktführers erhältlich. Auch in Asien sind die Zeller Arzneimittel sehr gefragt, insbesondere in Japan. «Die Aufbauarbeit bis zur Zulassung dort dauerte zehn lange Jahre», betont Christina Rohner. Doch der Aufwand hat sich gelohnt: Die Thurgauer haben als erstes europäisches Unternehmen eine Zulassung für ein pflanzliches Arzneimittel in Japan erhalten.

Die Präparate helfen unter anderem bei Heuschnupfen, Verstopfung, Schlafstörungen oder Husten. Doch der absolute Verkaufsrenner ist «Zeller Wechseljahre», dessen Extrakt aus der Pflanze «Trau­ben­silberkerze» Symptome wie Hitzewallungen, Schweissausbrüche und Stimmungsschwankungen lindert. «Unser pflanzliches Produkt ist die Nummer  1 in dieser Indikation», bestätigt Christina ­Rohner stolz. «Auch vor allen synthetischen Arzneimitteln!»

Gewächshaus 2

Nicht nur schön, sondern auch nützlich: Die faszinierende Passionsblume.

Vielleicht ist es kein Zufall, dass der Anteil weiblicher Angestellter in der Firma über 50 Prozent liegt. Das hat anscheinend mit der Materie zu tun. Denn laut Christina Rohner seien Frauen aufgeschlossener gegenüber der Welt der pflanzlichen Arzneimittel. Fachkräfte zu finden, ist aber generell schwierig. Darum muss immer wieder jenseits der Landesgrenzen gesucht werden. «Ein Mitarbeiter reist sogar mit der Fähre aus Friedrichshafen an», lacht Christina Rohner. Der Rest pendelt täglich aus der Umgebung wie zum Beispiel von Konstanz, St. Gallen oder Winterthur nach Romanshorn. Die E-Mobilität wird dabei von der Firma unterstützt: Die ersten Ladestationen wurden bereits vor fünf Jahren installiert, mittlerweile sind es über 30. «Auch die ganze Geschäftsleitung fährt Hybridfahrzeuge», so Rohner.

Auf dem Parkplatz steht zudem ein vollelektrischer VW ID. 7 Tourer, den die Max Zeller Söhne AG von der AMAG Group AG erhalten hat – zusammen mit dem «Family Business Award 2024». Dieser Preis wird an Schweizer Familienunternehmen für ihr besonders nachhaltiges Handeln verliehen. «Diese Auszeichnung erfüllt uns mit Stolz», sagt Christina Rohner. Das Siegerauto steht allen Angestellten zur Verfügung. Jeder, der mit dem Elektro-Kombi einen Ausflug machen möchte, darf ihn benützen.

Um den Anbau der Pflanzen kümmert sich ein Tochterunternehmen: Vitaplant in Uttwil, nur vier Autominuten entfernt vom Hauptsitz. Das Areal ist sechs Hektaren gross und umfasst die Versuchsfelder, das Lager und das Gewächshaus, in dem unterschied­liche Klimasituationen simuliert werden können. Der richtige Mix aus Bewässerung, Dünger, Boden und Licht lässt die Pflanzen optimal gedeihen. Selektion und Züchtung findet bei Vitaplant statt, um die optimale Sorte für den Anbau zu entwickeln. «Diese wird auf Basis von Ertrag und Inhaltsstoffen bestimmt, wobei auch unerwünschte Inhaltsstoffe vermieden werden», erklärt Rob van den Beuken, der Kopf der Firma Vitaplant.

Der Holländer liebte es bereits als Kind, mit seinen Händen in der Erde zu wühlen: Er wuchs sozusagen in einem Gewächshaus auf, da sein Vater ein Gurkenzüchter ist. Es treibt ihn an, Lösungen für Probleme zu finden: «Aufgrund der strengen Qualitätsanforderungen bei pharmazeutischen Rohstoffen arbeiten wir auf einem hohen Niveau, bleiben jedoch stets eng mit den realen Herausforderungen der Landwirtschaft verbunden.» Eine dieser Herausforderungen sind toxische Nebenkräuter, die unerwünscht mitgeerntet werden können. «Es reichen vier toxische Pflanzen pro Fussballfeld, um eine gesamte Ernte zu kontaminieren», erklärt van den Beuken.

Ebenfalls unter seiner Aufsicht stehen die 200 Hektaren Anbaufläche in Afrika mit 150 lokalen Mitarbeitenden, Maschinen, Bewässerungsanlagen und fortschrittlicher Technik zur Optimierung der Produktion. Er fliegt regelmässig nach Kenia. Denn wegen der Nähe zum Äquator, der Höhenlage und den klimatischen Bedingungen kann dort mehrmals pro Jahr geerntet werden. «Bei manchen Pflanzen verstärken das Licht und die UV-Strahlung die Inhalts­stoffe», sagt van den Beuken.

Obwohl Naturheilmittel voll im Trend liegen, ist es nicht einfach, die Nummer  1 zu bleiben. Zum Beispiel, weil es alle drei Jahre eine Preisüberprüfung durch das Bundesamt für Gesundheit (BAG) gibt. Dabei werden die Produkte unter anderem mit denen in anderen Ländern verglichen. «Da unsere Präparate sowieso schon günstig sind, stellt das immer wieder eine grosse Herausforderung für uns dar», sagt Christina Rohner. Zumal pflanzliche Arzneimittel im Gesundheitsmarkt Schweiz erst 3,5 Prozent ausmachen. «Aber wir wollen ein grösseres Stück vom Kuchen – darauf arbeiten wir hin.»

Interview 1

Unser Fokus liegt
bei der Herstellung
hochwertiger
pflanzlicher
Medikamente
mit erwiesener
Wirksamkeit.

Das Thema Nachhaltigkeit ist fest in der DNA der Max Zeller Söhne AG verankert. Durch den Einsatz umweltfreundlicher Technologien und die Förderung von erneuerbaren Energien leistet sie ihren Beitrag zum Klimaschutz. Dazu gehören die Installation einer Photovoltaikanlage, Wärmerückgewinnungen, der Ersatz von Leuchtmitteln sowie Optimierungen der Druckluft-, Kälte- und Lüftungsanlagen. «Wir sehen uns nicht nur als Nutzniesser, sondern verstehen uns als Teil der Natur und nehmen unsere Verantwortung diesbezüglich sehr ernst», betont Rohner. «Daher betrachten wir es als unsere Pflicht und als Selbstverständnis, den ökologischen Fussabdruck unserer Arbeit so klein wie möglich zu halten.»

Scheint die Sonne, wie heute Mitte Februar, so zieht es die ganze Belegschaft in der Mittagspause an den See. Die einen, um in der dortigen Idylle herzhaft in ihr Sandwich zu beissen, die anderen haben die Badehose mitgebracht. «Es gibt eine Eisbaden-Gruppe bei uns», sagt Christina Rohner. «Die hüpfen das ganze Jahr über in den See. Ich traue mich das nur im Sommer …»

Und wer sich doch beim Baden erkältet, muss nicht lange nach dem richtigen Medikament suchen …

Text Dominique Zahnd
Fotos Dominique Zahnd / zvg Max Zeller Söhne AG

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