Christof René Schmidt

Klassik trifft auf Moderne

50 Jahre liegen zwischen dem Polo I von Corsin Mächler und dem Polo VI von Antonia Gmünder. Technisch trennen die beiden Autos Welten, doch der Klassiker überzeugt mit seinem unverwechselbaren Charme.

Der Polo ist dieses Jahr 50 geworden und gehört auch nach fünf Jahrzehnten zu den erfolgreichsten Kleinwagen überhaupt. Weltweit wurden bisher über 20 Millionen Exemplare produziert. In der Schweizer Zulassungsstatistik 2024 taucht er in den Top 15 der meistverkauften Modelle auf. Besser liefen bei Volkswagen im vergangenen Jahr lediglich der Tiguan und der Golf.

Wie zeigt man anschaulich, welch grosse Sprünge das Erfolgsmodell in diesen 50 Jahren getan hat? Man stellt einen Polo der ersten Generation einem aktuellen gegenüber. Was als Idee simpel tönt, entpuppt sich in der Realität aber als deutlich schwieriger als erwartet. Denn während es beispielsweise vom Golf I, der ein Jahr früher auf den Markt kam, noch etliche gut erhaltene Oldtimer gibt, sind Polo I absolute Mangelware.

Umso grösser die Freude, als das Exemplar von ­Corsin Mächler auf dem Radar auftaucht. Der 34-jährige Schwyzer hat seinen Polo I mit Produktionsjahr 1975 vor sechs Jahren für 7500 Franken erstanden. Seither hat er den Motor revidiert, diverse Kleinigkeiten restauriert und ihn als Veteranenfahrzeug angemeldet. «Die meisten Sachen am Auto mache ich selbst», erklärt der gelernte Flugzeugspengler und heutige Wirtschaftsingenieur, der für eine Glarner Firma Seilbahn-Projekte auf der ganzen Welt betreut. Seinen Polo I nutzt er vornehmlich als Sonntagsauto: gekauft mit 69 500 Kilometern, steht der Tacho ­inzwischen bei 74 500.

In einem aktuellen Modell unterwegs ist die Ostschweizer Leichtathletin Antonia Gmünder, die zu den zehn besten Mehrkämpferinnen der Schweiz zählt. Das Auto, das sie von ihrem Mobilitätspartner – der GNG AG – erhält, ist praktisch ihr zweites Wohnzimmer: «2000 Kilometer pro Monat mache ich damit locker», sagt die 23-Jährige. Kein Wunder bei ihrem vollgepackten Alltag: Nebst zahlreichen Wettkämpfen trainiert Antonia Gmünder bis zu 16 Stunden wöchent­lich, arbeitet in einem 70-Prozent-Pensum als KV-Berufsbildnerin und studiert daneben an einer Fernfachhochschule Wirtschaft und Sportmanagement. 

Obwohl bald Prüfungen anstehen, findet die Vielbeschäftigte Zeit, um sich mit Corsin Mächler beim Kleinflughafen Wangen-Lachen am Zürichsee, unweit von seinem Wohnort, zu treffen. Als sie ihren weissen Polo VI neben dem Oldtimer parkiert, stellt sie sofort fest, dass der Polo I nicht nur ein Einzelstück, sondern ein wahres Schmuckstück ist. Der rote Kleinwagen kommt aussen wie neu daher, trotz seines hohen Alters, und weist einige Besonderheiten auf, die der Besitzer bei einem Rundgang um den Oldtimer stolz präsentiert. 

Der Polo I von Corsin Mächler gehört zu den ersten Exemplaren, die überhaupt gebaut wurden. Das erkennt man an Details wie den kantigen Ecken des Dachs, die bereits nach wenigen Monaten Produktionszeit abgeändert wurden. Auch die Lüftungs­löcher hinter der Stossstange kennzeichnen die ganz frühen Modelle.  

Wenig glänzen kann der Dreitürer beim Thema ­Komfort. Die Ausstattung ist höchst rudimentär. Servolenkung hat der Oldtimer genauso wenig wie Airbags, Kopfstützen oder Heckscheibenwischer. Der Warnblinker wird, wie die Hupe, über einen Hebel am Lenkrad betätigt. Eine Heizung ist zwar vorhanden, diese besitzt aber nur eine Lüftungs­stufe. «Der einzige Luxus meines Basismodells ist das Radio», sagt Corsin Mächler schmunzelnd.

Christof René Schmidt

Zufrieden: Leichtathletin Antonia Gmünder geniesst die Fahrten mit ihrem neuen Polo, mit dem sie pro Monat rund 2000 Kilometer zurücklegt.

Ganz anders der neue Polo von Antonia Gmünder. Dieser hat gegenüber dem Urahn in allen Belangen zugelegt: In der Länge von 3,50 auf 4,05 Meter, beim Gewicht von 685 auf 1244 Kilogramm. Und statt eines 0,9-Liter-Motors mit 40 PS arbeitet unter der Motorhaube ein 1.0 TSI mit 116 PS, ge­schaltet wird automatisch per Doppelkupplungsgetriebe.

Besonders eindrücklich zeigt sich der Fortschritt im Interieur. Hinter dem Lenkrad erscheint nach dem Anlassen ein volldigitales Cockpit, mittig sitzt das Touchdisplay des Infotainment-Systems. Von den zahlreichen Assistenzsystemen schätzt die Leichtathletin vor allem den Tempowarner: «Da ich auch auf der Strasse eher sportlich unterwegs bin, hat er mich schon ein paar Mal vor Bussen bewahrt.» Ebenfalls nützlich findet sie die automatische ­Distanzregelung. Und mit App-Connect kann sie auf die Musik vom Handy zugreifen. «Wenn ich allein im Auto bin, singe ich nicht immer schön, aber fleissig mit», sagt sie lachend.  

Der Polo ist erst das zweite Auto von Antonia Gmünder, und einen Oldtimer ist sie noch nie ge­fahren. Das ändert sich nun, denn Corsin Mächler lädt sie ein, in seinem Auto eine Runde zu drehen. Nach einer kurzen Einführung nimmt sie etwas nervös auf dem Fahrersitz Platz, zieht den Choke-Zug und gibt beim Starten ein paar Gasstösse. Der 1975er-Polo springt sofort an – «wie er das immer tut», so Corsin. Die Sportlerin gewöhnt sich schnell an das ungewohnte Fahrverhalten. Nach fünf Minu­ten steigt sie mit einem Lächeln auf dem Gesicht aus dem Klassiker aus. «Das ist wirklich mal was ­anderes. Ich bevorzuge dennoch den Komfort meines neuen Polo.»

TextReto Neyerlin
Fotos Christof René Schmidt

Sondermodell Polo «Edition 50»

Fünf Jahrzehnte wollen gefeiert sein: Zum Jubiläum des Polo lanciert Volkswagen das Sondermodell «Edition 50» – mit einer besonders umfangreichen Serienausstattung und speziellen Designelementen. Zu den Extras zählen ein Chrom-Paket, Ambientebeleuchtung, beheizbare Sportsitze vorn, Multifunktions-Lederlenkrad und Rückfahrkamera. Das Fahrassistenzpaket gehört ebenso zur Ausstattung wie das Infotainment-System «Discover Media» und die Fahrprofilauswahl. Diverse Edition-50-Schriftzüge weisen auf das Jubiläum hin. Das Sondermodell ist mit 95 oder 116 PS samt 7-Gang-Doppelkupplungs­getriebe DSG ab 34 800 Franken bestellbar.

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VW Polo Edition 50

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